Predigt 19.10.2025 - Kirchweihsonntag

 

Kirche gab es schon lange, bevor das erste Gebäude gebaut wurde. Unser deutsches Wort „Kirche“ kommt aus dem Griechischen, dort heißt es „Kyriake“, die, die zum Herrn, zum Kyrios, gehören. Ursprünglich meint Kirche immer schon die Gemeinschaft derer, die sich mit Jesus Christus verbunden wissen. Die in ihm ihre Erlösung, den Heiland, sehen und mit ihm auf dem Weg sind, die zum Herrn gehören. Und jedes Kirchengebäude, alles, was wir hier tun, soll helfen, dass wir uns in diesem „Kirchesein“ immer neu finden. Wenn wir am Sonntag als Kirchengemeinde zusammenkommen, dann soll der Gottesdienst, unsere Feier, zeigen, wer wir sind, und natürlich auch stützen, dass wir Kirche sind, werden. Aus der Feier heraus verteilen wir uns dann in dem Ort, um wie ein Sauerteig weiterzuwirken. Unser Gottesdienst feiern, will uns als Kirche aufbauen. Da hat jeder Pfarrer seine inneren Schwerpunkte. Auch mit mir sind Sie mit manchem konfrontiert, was mir im Laufe meines Lebens wichtig ist. Ein paar Dinge will ich in den Blick nehmen, mit Ihnen teilen, um Ihr Verständnis werben und einladen, dass wir miteinander auf dem Weg sind.

Ein entscheidender Teil ist es, das Wort Gottes zu feiern. Der Raum schaut ein bisschen aus wie ein Vorlesungssaal aus, aber der Gottesdienst will das Wort Gottes nicht nur wie eine Vorlesung für Sie hörbar machen, sondern es geht darum, das Wort Gottes als Quelle des Glaubens miteinander zu feiern.

Ein liturgischer Grundsatz heißt: Die Kirche ist eine Schöpfung des Wortes Gottes. Das heißt, wenn die Texte der Bibel aufgeschlagen werden, sind wir an der Quelle, die unseren Glauben nährt, die den Glauben hervorruft und die das stille Fundament unserer Kirche sein will. Am Sonntag sind, im Bild gesprochen, vier Töpfe auf dem Herd: Einer heißt: Altes Testament, ein Topf heißt Psalmen, ein Topf, da steht Evangelien drauf, das Leben und die Botschaft Jesu, und der vierte Topf sind die neutestamentlichen Briefe. Und in der Tradition unserer Kirche hat dies die Funktion, dass beim Gottesdienst sozusagen die Deckel gehoben werden und aus jedem Topf mit einem kleinen Schöpfer das Aroma dieses Teiles der Heiligen Schrift in die Gemeinde hineingereicht wird. Man kann nicht die ganze Bibel lesen, aber die Idee ist, in dieser Breite wahrzunehmen, dass Gott in der Geschichte, in dem, was die Bibel uns überliefert, gegenwärtig wird. Deswegen gibt es nicht nur einen biblischen Text, sondern immer mehrere, wenn wir Gottesdienst feiern. Ein Topf, der ganz selten in unserer Pfarreiengemeinschaft gehoben wird, ist der Psalmentopf. Und da möchte ich uns einladen, da öfters hineinzuschmecken. Die Psalmen sind das Gebetsbuch Jesu, das Gebetsbuch des Volkes Israel und im Grunde auch über 2000 Jahre das Gebetsbuch der Christen und der Kirche. Wenn Sie nach St. Ottilien kommen, erleben Sie eine Mönchsgemeinschaft, die mitten aus den Psalmen lebt. Manche Verse tragen manche Menschen durchs Leben und darum will ich dafür werben, dass wir auch im gemeinsamen Gottesdienst feiern, mehr in die Psalmen hineinhören und den Psalm auch als Teil der christlichen Botschaft mit in den Gottesdienst hineinnehmen.

Das Wort Gottes wird gefeiert, unsere Ministranten stehen mit Leuchtern da, vielleicht auch mit Weihrauch, um das Ganze zum kleinen Wortfest zu machen. Wir singen den Hallelujaruf, um vor dem Hörten den zu begrüßen, von dem wir glauben, dass er durch das Wort lebendig zu uns spricht. So kann das Wort zur Quelle und zur Nahrung der Gemeinde und der Kirche werden.

Die Texte, die wir heute gehört haben, die auf den heutigen Sonntag fallen, erinnern daran, dass es auch immer um leidenschaftliches Beten geht. Ich mag dieses Bild sehr: Mose, der am Berg oben betet, stellvertretend für die, die unten kämpfen, und dessen Gebet sozusagen Kraft in die anderen hineinströmen lässt. Da, wo ich wohne, der Blick über Kaufering, drängt sich dieses Bild für mich auch auf. Aber es ist auch ein Bild für uns als Gemeinde, dass wir hier beten und aus unserem Beten Kraft in das Leben dieses Ortes hineinfließt. Das leidenschaftliche Gebet ist etwas Bedeutsames, ein Dienst nicht nur für uns selbst, sondern mitten im Ort für den ganzen Ort. Ein Element des Gebetes will ich in den Blick rufen, weil es verschiedenene Personen an thematisieren. Es geht um das Gebet, das im Vaterunser eingefügt wird, den sogenannten Embolismus. Da muss ich eine Regelung finden. Mein Vorschlag ist, in den Dorfgemeinden bete ich den Embolismus künftig. Hier ist es für Sie sehr vertraut, das Vaterunser durchzubeten, das machen wir auch weiter so. Was ich wichtig finde, ist, die Idee hinter dem Embolismus, egal was wir beten, im Kopf zu haben. der Embolismus ist im 5. Jahrhundert in den Gottesdienst hineingekommen. Damals standen die Vandalen vor Rom und die Menschen in Rom hatten natürlich Panik, die überfallen jetzt die Stadt mit all den Folgen, die das für die Menschen hat. Und aus dieser Bedrängnis heraus ist dieses Gebet entstanden, in den Gottesdienst hineingewachsen und durch die katholische Welt gewandert. An der Stelle und an allen andern merkt man, wie wichtig es ist, dass wir aufnehmen, was die Menschen bedrängt. Im Embolismus heißt es: „Bewahre uns vor Verwirrung.“ Das Wort, das da im Lateinischen steht, wird wörtlich übersetzt mit „Verstörung“. Dass wir Menschen wissen, wo Menschen verstört sind, oft nicht mehr ein und aus wissen, da sind wir als Beter gefordert. Vielleicht erinnern Sie sich an den 24. Februar, als Russland in der Ukraine einmarschiert ist. Diese Gefühlslage: Bricht jetzt der 3. Weltkrieg los, fliegen morgen schon die Atombomben? Hilflos hört man in die Nachrichten, diesen Zustand, der Verstörung meint uns und fordert, im Gebet zu sein.

Ein drittes Element. Ich verwende eine sehr große Hostie. Was wir hier feiern, heißt biblisch Brotbrechen. In der Apostelgeschichte steht die Notiz, dass die Gemeinde sich versammelt zum Brechen des Brotes. Mit der großen Hostie ist dieses Ritual des gebrochenen Brotes sichtbarer, zumindest für einige von Ihnen auch erfahrbar. Für mich gibt es zwei Zugänge zu diesem gebrochenen Brot. Zum einen: Beim Brechen des Brotes scheint etwas von Jesus Christus auf, nämlich von seiner Liebe, die sich ganz schenkt, der sich ganz in die Menschheit hineinschenkt bis ans Kreuz. Diese restlose Liebe wird immer im Mahl sichtbar, spürbar und einladend, natürlich für uns. Und das andere: Wir brechen ein Brot, viele bekommen ein Stück davon, und dann wird deutlich, dass die Kommunion uns als Gemeinschaft zusammenbindet, unabhängig davon, ob wir uns mögen: Wir essen von dem einen Brot und sind in Jesus eine Gemeinde, eine Weggemeinschaft des Glaubens. Kommunion ist mehr als: „Ich empfange meinen Jesus und der Rest interessiert mich nicht.“ Kommunion bindet ein in eine Gemeinschaft, nimmt auch in Pflicht in dieser Gemeinschaft. Und das wird durchs gebrochene Brot zumindest für einige deutlicher und sichtbarer. Unsere Minis, die unterstreichen das noch, wenn wir am Altar die Kommunion gemeinsam empfangen. In großen Gemeinden ist es einfach schwierig, dass wir alle gleichzeitig die Kommunion empfangen. Hier um den Altar kann es geschehen. Das ist nochmal ein Bild dafür: „Wir essen miteinander und verbinden uns im Herrn miteinander“.

Gottesdienst will mit dem, was geschieht, wie wir sind, wie wir es gestalten, uns im Kirchesein und im Gemeindesein stützen. Ein paar Elemente – es gibt noch viel mehr – habe ich Ihnen heute vorstellen und in den Blick bringen wollen. Dass wir das Wort Gottes nicht nur hören, sondern es auch feiern und in seiner Fülle in unsere Herzen lassen. Dass wir Gemeinde mit leidenschaftlichem Gebet sind und dass wir im Zeichen der Kommunion uns als diese Gemeinde in Jesus Christus auch immer neu aufbauen lassen. Amen.