Predigt 30.11.2025 - 1. Advent

Nahe ist ER bei den Türen...

Der Advent ist am Anfang sehr geprägt von Schrifttexten, die eine zerbrechliche Welt schildern. Es ist davon die Rede, dass irgendwann alles zu Ende geht. Jede Generation ist da auf ihre Weise berührt. In den letzten Jahren war eine Gruppe sehr aktiv, die sich „Letzte Generation“ nannte, die genau das in Erinnerung und in das Denken und Fühlen der Menschen bringen wollte, dass wir in einer Zeit sind, die dieses Weltuntergangsgefühl irgendwie in sich aufnehmen muss und aus dem heraus handeln muss. „Wenn ihr all das seht, erkennt ihr, dass das Ende der Welt nahe ist“, heißt es. Wir sehen allerhand, was uns besorgt, was uns bedrängt. Das Ende ist nahe. Es ist nichts mehr zu machen. Hilfe! Wie das Kaninchen, das vor der Schlange steht, sind viele gelähmt.

 

An der Stelle ist es wichtig, genau hinzuschauen. Ein Kommentator betont, wie schlecht an dieser Stelle übersetzt ist. Jesus sagt: „Wenn ihr das seht, erkennt ihr“, und da heißt es wörtlich: „dass es oder er nahe bei den Türen ist.“ Wenn man auf das „ES“ aufspringt und den Zusammenhang mitsieht, kann man es so übersetzen: „dass ‚ES‘ nahe bei der Tür ist, dass das Ende naht“.

 Einen ganz anderen Klang und eine ganz andere Botschaft bekommt das Ganze, wenn man das „ER“ liest: Erkennt, wenn ihr all das seht, was euch zusetzt, was euch vielleicht in diesen Weltuntergangston bringt, dann erkennt, dass „ER“ nahe bei den Türen ist. Ich find das eine wunderschöne Zusage, mit der wir in den Advent hineingehen dürfen, dass „ER“ nicht irgendwo weit weg ist, sondern im Bild schon hinter der Tür steht, um uns seine Nähe zu schenken, um in uns in diese Welt hineinzuwirken, um uns in allen Bedrängt sein eben nicht allein zu lassen. Erkennt, dass „ER“ nahe bei den Türen ist. Ein großer Atem und ein großes Vertrauen werden dann möglich. Wenn der Advent einen neuen Glauben an diese Nähe schenkt, dann werden viele von uns aufrecht, mutig, zuversichtlich ihren Weg gehen. Das ist die große Einladung.

 

Das Bild, dass „ER“ nahe bei den Türen ist, kann man aber auch ganz klein runterbrechen in alltägliche Situationen: Auf jede und jeden von uns warten immer Türen, durch die wir nicht gerne gehen. Unsere Minis werden mulmige Gefühle haben, wenn sie morgen früh mit dem Gefühl „Heute ist Probe“ oder noch schlimmer „Eine Ex“ in die Schule gehen.

Wenn Sie einen Termin beim Arzt haben, wenn Sie jemanden im Krankenhaus besuchen, wo Sie wissen, da geht’s ums Sterben, wenn der Chef anruft und sagt: „Kommen Sie“, da geht man mit großem Respekt an solche Türen. Der kleine Advent sagt: Halte kurz inne und mach dir bewusst: Nahe ist „ER“, Gott, Jesus, der mit dir geht, bei dieser Tür. Erkennt, wenn Ihr all das wahrnehmt: Nahe ist „ER“ bei den Türen. Das ist die große Einladung in diese Adventswochen hinein, aber auch die kleine. Wenn Ihr all das seht, erkennt und glaubt und vertraut: Nahe ist „ER“ bei diesen Türen. Amen.